Freitag, 6. April 2007

Rost und Moos

Samstagabend saß er ziemlich lang so da.
Selbstverständlich hätte er lieber geraucht und gegessen und getrunken und dir zugeschaut.
Aber für heute hat er sich vorgenommen - und das schon seit sieben Tagen - ziemlich lange so da zu sitzen und zu warten, bis es dunkel wird.
Im Hinterhof auf einem abgewetterten Plastikklappstuhl neben den Fahrrädern.
Er hätte sich auch für den Spielplatz oder die Bushaltestelle entscheiden können; die waren ihm nach reichlicher Überlegung dann doch mehr zu laut als etwas erträglicher, weil unterhaltender.

Nach einer Stunde versuchte er zusammenzufassen, was ihm sechzig Minuten des Schweigens eingebracht hatten; ja, die Wortwahl, verrät einiges über ihn, der er einer ist, dessen Denken sich - linear - im Kreise dreht, weil er ständig spekuliert und erntet.

Er hatte also, recht am Anfang seiner Sitzung schon, Rost und Moos in der Nase getragen und mit seinen großen Augen die Duftquellen ausgemacht. Im Zuge dessen - wir wissen alle, wie es sich zuträgt - blieb er hier an der Farbe und dort an der Erinnerung hängen und unversehens waren die ersten 34 Minuten verstrichen, als er sich beim Blick auf sein haariges Knie darauf besann, worum es ihm doch eingentlich gegangen war. Er wollte in sich hineinhorchen und endlich loslassen von dem verkrampften Gedanken, doch endlich loszulassen und mit sich ins Reine zu kommen.

Nach zwei Stunden war ihm klar geworden, dass er sich eine Katze in die Wohnung holen will. Er schwankte stark zwischen der Erkenntnis, dass bei ihm alles noch möglich wäre und er doch genau wisse, wohin es ihn zog, und der schrecklichen Ahnung, dass eine alleseinnehmende Sinn- und Kraftlosigkeit ihn sich weiter im Kreise drehen machen würde.
Als er seine Nachbarin so von hinten durch den Hof stöckeln sah, dachte er wieder an dich und warum du nie solche Schuhe getragen hast, und dass er eben das und so vieles andere an dir so gerne sah.

Er lächelte sich an und aus und nach nunmehr drei Stunden drückte ihn die Blase; er stand auf, ging zur Eisenstange neben der Hintertür, machte 35 Klimmzüge und warf beim Gehen einen Blick auf das vierte Fenster von links.
Beim Treppensteigen fasste er sich jacksonmäßig in den Schritt und schrie eine Katze an; sie fauchte buckelig und schoss ins Freie.

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